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Gespräch der Generationen: "Immer das Ohr am Kunden"

Sie stehen an der Spitze eines sehr erfolgreichen Familienunternehmens: Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Arne Klöfkorn: Es mag banal klingen, aber wir haben bei Bohle früh gemerkt, dass Produktentwicklungen kein Selbstzweck sein dürfen, sondern sich eng am Kundenwunsch orientieren müssen. Wir hatten schon immer ein gutes Gespür dafür, was der Markt haben möchte, und das Ohr sehr genau am Kunden. Dieses vergleichsweise einfache Erfolgsrezept versuchen wir für uns beizubehalten, gerade jetzt, in Zeiten der Globalisierung. 

Das ist dank digitaler Hilfsmittel doch viel leichter als früher …
Ulrich Bohle: Aus technischer Sicht vielleicht. Andererseits ist es durch die höhere Transparenz auch schwieriger, die gestiegenen Ansprüche der Kunden zu erfüllen. Allerdings ist Konkurrenz auch Ansporn. Ohne Wettbewerb läuft man Gefahr, einzuschlafen. Man muss offen sein, mit Mut und Augenmaß investieren. 

 

Seit kurzem hat Bohle einen digitalen Duschen-Konfigurator im Angebot. Ist das Ihre Antwort auf die vernetzte Zukunft?
Arne Klöfkorn: Unsere jüngste Antwort – aber nicht die einzige oder gar erste. Im Internet sind wir seit Ende der 1990er Jahre vertreten, Webshop inklusive. Unsere Online-Präsenz hat sich seitdem stetig weiterentwickelt – der Duschkonfigurator ist also nur ein weiterer Baustein unserer digitalen Transformation.

Welchen Stellenwert hat die Digitalisierung für einen Mittelständler, der stark im Handwerk verwurzelt ist?
Thorsten Böllinghaus: Für uns einen hohen. Das Handwerk ist heute deutlich internetaffiner als noch vor einigen Jahren. Trends aus dem Privatbereich, wo mittlerweile viel online abläuft, werden mittlerweile auch auf das Geschäftliche übertragen. Dem tragen wir Rechnung, beispielsweise mit unserem Online- Shop und dem eben genannten, neuen Duschen-Konfigurator.
Ulrich Bohle: Auch zu meiner Zeit haben wir uns schon früh mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt: Ende der Siebzigerjahre wurde der erste Computer bei Bohle angeschafft!

Warum?
Norbert Bohle: Wir hatten unsere Produkte bis dahin vor allem über Händler vertrieben. Als wir ab Ende der Siebzigerjahre auch gewerbliche Endverbraucher direkt beliefert haben, stieg unser Kundenstamm rasant an. Diese Datenflut ließ sich auf konventionelle Art nicht mehr bewältigen.

Herr Bohle, Sie haben sich damals als Vorstandschef neben vielen anderen Dingen auch um technische Belange gekümmert. Warum brauchen Sie jetzt einen eigenen Vorstand für Technik?
Ulrich Bohle: Bohle war schon immer ein technikgetriebenes Unternehmen: Wir haben stets mit neuen Materialien experimentiert und mit wissenschaftlichen Instituten wie dem Fraunhofer-Institut zusammengearbeitet. Unsere hohe Produktqualität ist Ergebnis unserer modernen, hochautomatisierten Fertigung. Deswegen ist ein Technikchef unabdingbar – zumal unser COO, mein Schwiegersohn Arne,
Jurist ist.
Arne Klöfkorn: Ich verantworte die vertriebsnahen Themen, um übergreifende Aspekte kümmern Thorsten Böllinghaus und ich uns gemeinsam – etwa die Unternehmenskultur. 

Worauf kommt es Ihnen da an?
Arne Klöfkorn: Auf Mitarbeiter, die jeden Tag versuchen, besser zu werden.
Thorsten Böllinghaus: Dass wir mit Fehlern positiv umgehen. Dass wir Raum für Innovationen schaffen und uns an den Bedürfnissen unserer Kunden orientieren.
Ulrich Bohle: Dass die Geschäftsführung die Sorgen jedes Mitarbeiters kennt – auch bei 300 Kollegen. Dieser Kontakt ist wichtig. Denn eine Unternehmenskultur wird in erster Linie von Personen repräsentiert – vor allem der Führungsmannschaft, die Werte wie Qualität, Nachhaltigkeit und Wandlungsfähigkeit vorleben muss.
Arne Klöfkorn: Wandlungsfähigkeit ist ja auch das, was den Mittelstand auszeichnet. Denn die Veränderungsgeschwindigkeit hat enorm zugenommen, auch in unserer Branche. Und das Tempo nimmt weiter zu.

Wie halten Sie dem Druck stand?
Arne Klöfkorn: Entscheidend sind unsere Mitarbeiter – gut ausgebildet müssen sie sein und die richtige Einstellung mitbringen. Wir versuchen, unseren Nachwuchs selbst heranzuziehen. Das klappt gut, obwohl es als Mittelständler schwer ist, als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.

Wie machen Sie gute Mitarbeiter auf sich aufmerksam?
Arne Klöfkorn: Wir sind im lokalen Sponsoring aktiv und unterstützen Schulen in der Umgebung. Über dieses Netzwerk sind wir in der Lage, schon Schüler auf uns aufmerksam und Lust auf einen Job mit  unternehmerischer Haltung zu machen.

Unternehmerische Haltung – was verstehen Sie darunter?
Ulrich Bohle: Ein guter Unternehmer hat immer das Bedürfnis nach Gestaltungsfreiheit. Er hat Lust, Werte zu schaffen und zu steigern. Das waren auch die Triebfedern unseres Gründers Josef Bohle, der den Schritt in die Selbständigkeit ausgerechnet in Zeiten der Hochinflation gewagt hat. Natürlich haben erfolgreiche Unternehmer stets auch den Wunsch, sich wirtschaftlich zu verbessern. Noch wichtiger war meinem Großvater und meinem Vater die Verantwortung für Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Anteilseigner.

Haben Sie schon einmal daran gedacht, das Unternehmen zu verkaufen?
Norbert Bohle: Nie.
Ulrich Bohle: Im Gegenteil – schon in der Jugend wurden wir stets aufgefordert, ans Unternehmen zu denken. Familie und Firma existierten nicht nur räumlich unter einem Dach.

Und ein Familienmitglied an der Spitze des Unternehmens war Gesetz?
Ulrich Bohle: Den Anspruch haben wir nicht mehr. Ein solcher Automatismus wäre nicht gut für Bohle. Qualifikation entscheidet, nicht der Familienstatus. Wir hatten ja auch schon einige externe Manager im Vorstand und haben es bis heute. Umso schöner, dass wir mit meinem Schwiegersohn wieder ein Familienmitglied haben, der dieser Aufgabe gewachsen ist und Lust darauf hat.

Herr Klöfkorn, wie schwer waren Ihre ersten Schritte im Familienunternehmen?
Arne Klöfkorn: Zunächst war ich für den Personalbereich verantwortlich und habe dann sukzessive die einzelnen Unternehmensbereiche durchlaufen. Am Anfang war nicht klar, ob ich jemals Vorstand werden würde oder überhaupt zu Bohle passe. Ich hätte auch die Option gehabt, wieder zu gehen. 

Der Schwiegervater als Aufsichtsratschef – sicher kein leichtes Brot …
Arne Klöfkorn: Natürlich gab es immer wieder Themen, bei denen wir miteinander nicht so glücklich waren. Aber Beruf und Privates haben wir strikt voneinander getrennt.
Norbert Bohle: Für mich gab es diese Trennung nie, der Firmeneintritt war selbstverständlich. Das war 1957, ich war damals 21 Jahre alt. Weil ich mich später ums Auslandsgeschäft kümmern sollte, habe ich erst mal bei befreundeten Firmen in Brüssel und London gearbeitet, um Englisch und Französisch zu lernen.
Ulrich Bohle: Ich wollte nicht gleich ins Familienunternehmen einsteigen und habe Mathe und Physik studiert. Aber irgendwann muss man sich entscheiden. Also habe ich an die RWTH Aachen gewechselt und auf Maschinenbau umgesattelt.

… um danach ins gemachte Nest zu fallen?
Ulrich Bohle: Keineswegs. Mir war schnell klar, dass ich mich mit der Firma in ihrer damaligen Form nicht zufriedengeben würde.

Wie haben Sie und Ihr Bruder sich arrangiert?
Ulrich Bohle: Ich war für die Technik, mein Bruder für den Vertrieb zuständig. Der Schlaganfall meines Vaters war – so hart das klingen mag – für mich persönlich auch eine Chance, die Gestaltung des Unternehmens früh in die eigenen Hände zu nehmen und als Herausforderung zu akzeptieren.

Heute beraten Sie den Aufsichtsrat. Wie schwer ist Ihnen das Loslassen des operativen Geschäfts gefallen?
Norbert Bohle: Nicht sehr schwer. Ich wusste meine Aufgaben in guten Händen, da konnte ich mit 65 Jahren beruhigt in den Aufsichtsrat wechseln.
Ulrich Bohle: Unsere Anteile haben wir an unsere Kinder verschenkt. Wir halten noch ein Prozent – um weiter zu den Aufsichtsratssitzungen geladen zu werden (lacht).
Norbert Bohle: Der Vorstand versorgt uns regelmäßig mit Unterlagen, wir sind immer auf dem neuesten Stand.
Ulrich Bohle: Ja, das hält fit. Trotzdem bin ich heilfroh, mich anderen Interessen widmen zu können. Ich besuche in Frankfurt regelmäßig Philosophie-Seminare.

Wie haben Sie es geschafft, 100 Jahre lang das Geld zusammenzuhalten?
Ulrich Bohle: Indem wir es nicht für Unnötiges ausgegeben haben. Ein exzessiver Lebensstil war uns immer fremd, persönlicher Reichtum nie unser Ziel.
Arne Klöfkorn: Wir sind nicht geizig, aber sparsam. Auf Geschäftsreisen wählt jeder das Hotel, das er auch nur privat nehmen würde.

Was ist für Sie Luxus?
Norbert Bohle: Ich fahre jedenfalls keinen Ferrari. Will ich entspannen, gehe ich wandern. Oder mähe den Rasen.

Ulrich Bohle, 76, Enkel von Unternehmensgründer Josef Bohle und Bruder von Norbert Bohle,  arbeitete über 40 Jahre im Unternehmen, davon viele Jahre als Vorstandschef. Bis heute berät er den Aufsichtsrat des Mittelständlers.
Norbert Bohle, 80, verantwortete viele Jahre den Exportbereich bei Bohle. 2001 wechselte er in den Aufsichtsrat, aus dem er 2013 ausschied – 56 Jahre nach seinem Einstieg ins Familienunternehmen.
Arne Klöfkorn, 44, verantwortet im Vorstand Vertriebsthemen. Der Schwiegersohn von Ulrich Bohle startete 2004 als Personalchef im Unternehmen.
Dr. Thorsten Böllinghaus, 42, stieß im Mai 2016 als Technikvorstand zu Bohle.
(von links nach rechts)

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